Der Verband H2O-Anteilseignerkollektiv beschließt, H2O AM LLP und H2O AM Europe SAS im Schnellverfahren vorzuladen
Der Verband H2O-Anteilseignerkollektiv hat beschlossen, die von der BPCE-Gruppe überprüften Verwaltungsgesellschaften H2O AM LLP und H2O AM Europe SAS („H2O“) im Schnellverfahren vorzuladen, um ein gerichtliches Gutachten erstellen zu lassen.
Es geht um die Klärung der Verantwortlichkeiten für die Verwaltung der verschiedenen öffentlich erhältlichen OGAW (H2O Allegro, H2O MultiStrategies und H2O MultiBonds, H2O Adagio, H2O Moderato, H2O MultiEquities, H2O Vivace), denen bei Investitionen in bekanntlich illiquide Vermögenswerte zwischen 2015 und 2019 erhebliche Verluste entstanden waren.“ Schätzungen zufolge wurden 2 bis 3 Milliarden Euro von den privaten Schulden der von Lars Windhorst kontrollierten Tennor Gruppe (Trent Petroleum, La Perla, Civitas Properties…) verschlungen.
Dieser deutsche Financier mit zweifelhaftem Ruf durchlief in der Vergangenheit mehrere Insolvenzverfahren und kaufte vor allem erst kürzlich einen Profi-Fußballverein mit Kapital aus der Tennor Holding, die derzeit von H2O finanziert wird.
Zusätzlich zu den Verlusten, die bei den Tennor-Forderungen verzeichnet wurden, waren die H2O-Fonds auf Initiative der französischen Finanzmarktaufsichtsbehörde (AMF) Gegenstand einer außergewöhnlichen und quasi unveröffentlichten Maßnahme zur Sperrung von Rückkäufen für mehr als ein Jahr, was es für die Investoren seit August 2020 unmöglich machte, einen Teil ihrer Vermögenswerte zurückzuerhalten. Diese Angelegenheit, die für den Ruf des Pariser Finanzmarkts desaströs ist, erfordert die vollständige Aufklärung der Machenschaften von H2O und den anderen an der Überwachung ihrer Geschäfte beteiligten Akteuren, insbesondere der Gesellschaft Natixis IM, die für die Kontrolle der Fondsrisiken zuständig ist. Vor diesem Hintergrund beantragte das H2O-Anteilseignerkollektiv im Rahmen eines zukünftigen Eilverfahrens die Bestellung eines unabhängigen Sachverständigen vor Gericht und bat die Anwaltskanzlei Cornet Vincent Ségurel um ihre Unterstützung. „Die Tätigkeit des Verbands ist Teil einer konstruktiven Suche nach Verantwortlichkeiten in einer Angelegenheit, die zahlreiche Fachleute und Privatpersonen in Frankreich und im Ausland geschädigt hat“, erklärt Dominique Stucki, Rechtsanwalt der Kanzlei Cornet Vincent Ségurel, die das Kollektiv vertritt. „H2O AM ist eine von französischen Geschäftsführern gegründete Gesellschaft, die sehr lange von der Geschäftsleitung und den Mitarbeiterteams von Natixis IM aktiv unterstützt wurde. Viele unserer Asset-Manager sind beunruhigt über die Auswirkungen auf den guten Ruf des Finanzmarkts infolge eines Geschäfts, dessen Ernsthaftigkeit 2019 von der britischen Presse aufgedeckt wurde. Wir beraten jeden Tag Experten der Vermögensverwaltung und kennen die Herausforderungen, die mit der Platzierung verbunden sind. Wir begleiten auch die Investoren in ihrem Bestreben, die Verantwortlichkeiten innerhalb eines Systems zu klären, das mehr als fünf Jahre lang höchst undurchsichtig funktionierte.“
Gerard Maurin, Präsident des H2O-Anteilseignerkollektivs, fügt hinzu: „Die Weigerung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG Ende August 2021, den Abschluss von H2O zu bestätigen, stellt einen ersten Schritt in Richtung auf die umfassende Aufklärung der Verstöße gegen die H2O AM dar. Diese Entscheidung verstärkt uns in unserer Überzeugung, dass die im Rahmen der Verpflichtungen begangenen Verstöße besonders schwerwiegend sind. Wir verlangen daher, dass zügig ein gerichtlicher Sachverständiger ernannt und damit beauftragt wird, die Transaktionen und Daten, die den Anteilseignern der Fonds nicht übermittelt wurden, völlig unabhängig zu analysieren.“
Zurück zur Entstehung der Rechtssache H2O.
Die H2O AM LLP wurde 2010 von Vincent Chailley und Bruno Castres gegründet und ist eine britische Verwaltungsgesellschaft, die verschiedene Fonds verwaltet, darunter auch eine gewisse Anzahl an von der französischen Finanzmarktaufsichtsbehörde (AMF) zugelassenen OGAW-Fonds, die über Vermarktungsplattformen, Banken, unabhängige Vermögensverwalter und Versicherungsgesellschaften vertrieben werden. Ein großer Teil dieser Fonds wurde in Form von Lebensversicherungsverträgen gezeichnet.
Die Methode wurde schnell erfolgreich und der Verwalter erhielt verschiedene professionelle Auszeichnungen für seine Leistungen (Sonderpreis BFMTV im Jahr 2015, Investment Week Specialist, Preis für den besten Rentenfonds mit absoluter Rendite, ebenfalls im Jahr 2015…). Von 2010 bis 2019 stiegen die von der H2O AM verwalteten Bestände daher von 3 auf 30 Milliarden Euro.
In der Zeit zwischen August 2015 und 2019 entwickelte die H2O AM jedoch ihre Anlagestrategie plötzlich weiter und begann ohne erkennbaren Grund und ohne Kohärenz mit der Global Macro-Ausrichtung ihrer Fonds, Privatschulden über verschiedene OGAW zu zeichnen bzw. zu erwerben, die sie verwaltete. Diese Vorgehensweise war umso überraschender, als sich die Investitionen auf eine einzige Unternehmensgruppe konzentrierten. Nun wurden aber nicht nur die von H2O gezeichneten Anleihen von Unternehmen ausgegeben, deren Bonität besonders zweifelhaft war, sondern auch ihre Wiederverkaufsperspektive im Falle von Schwierigkeiten war um so illusorischer, als diese Anleihen – größtenteils – nicht notiert waren und die H2O-Fonds oftmals die Hauptinhaber waren.
Fondsaufschub und Umschuldungsversuche.
2019 wurde auf dem Blog der Financial Time ein Artikel veröffentlicht, der Zweifel an den H2O-Fonds aufwarf, indem er diese Strategie aufdeckte, aber auch die Tatsache, dass Bruno Castres 2019 in den Verwaltungsrat von Tennor benannt wurde. H2O bestritt zwar das Vorhandensein eines Liquiditätsrisikos und stellte die Aussagen der Presse in Frage, suchte aber im geheimen Käufer für seine Tennor-Wertpapiere. Trotz einer Wertminderung von Beträgen bis zu 60 % ihres Nennwerts konnten diese Anleihen nicht verkauft werden und H2O ging zu sehr ausgeklügelten Geschäften (Pensionsgeschäften) über, um die illiquiden Fonds künstlich zu entleeren und die Höhe der Überschreitungen der vorgeschriebenen Kennzahlen zu reduzieren.
Im Juni 2020 verhandelte H2O insgeheim direkt mit Herrn Windhorst über einen Rückkauf der Tennor-Wertpapiere (dieser wird im Übrigen von der deutschen Finanzbehörde, der BaFin, über die Bedingungen für die Einführung des Rückkaufsystems „Evergreen Funding“ geprüft).
Angesichts dieses letzten Scheiterns hatte die AMF keine andere Option, als am 28. August 2020 die Aussetzung der Zeichnungen und Rückkäufe aus drei Fonds (H2O Allegro, H2O MultiStrategies und H2O MultiBonds) aufgrund „der ungewissen Bewertung wegen hoher Risiken“ zu verlangen. Die H2O AM griff dann ein und setzte die Rückkäufe im Rahmen von vier weiteren öffentlich zugänglichen OGAW aus (H2O Adagio, H2O Moderato, H2O MultiEquities und H2O Vivace). Im Oktober 2020 wurden diese Fonds aufgeteilt und der illiquide Teil in speziellen OGAW-Fonds, den sog. „Side-Pockets“, aufgefangen.
Im Januar 2021 kündigte Natixis dann seine Absicht an, seine Beteiligung an H2O zu veräußern. Doch der Ausstieg aus dem Kapital der Verwaltungsgesellschaft wurde im Juni 2021 von der britischen Finanzbehörde Financial Conduct Authority (FCA) abgelehnt, die vorab eine Klärung der Verantwortlichkeiten der Akteure erwartete.
Unter dem Druck dieser Regulierungsbehörde kündigte Tennor im Mai 2021 den Abschluss eines neuen Abkommens mit ihren Gläubigern an, in dem die Umschuldung beschlossen wurde. Nach den wenigen unvollständigen Angaben, die von H2O AM und Tennor veröffentlicht wurden, würde die Vereinbarung „unter bestimmten Bedingungen“ die Zeichnung von neuen Schuldverschreibungen der Tennor Holding in Höhe von 1,45 Milliarden Euro vorsehen und im Gegenzug dazu die früheren Verpflichtungen der Tochtergesellschaften in den Side-Pockets annullieren und bestimmte Aktien der Tochtergesellschaften abtreten. Dennoch hat H2O, wie KPMG Audit, Rechnungsprüfer der Side-Pockets, soeben aufgedeckt hat, beschlossen, die Veröffentlichung des geschätzten Werts der Vermögenswerte, der nicht kontrolliert werden konnte, auszusetzen.
Ein gerichtliches Gutachten soll nun Licht in das Dunkel der unzähligen Machenschaften bringen.
Die Zusammensetzung und der Wert der Vermögenswerte der Side-Pockets werden von nun an nicht mehr kontrolliert, und es ist eine objektive und aktualisierte Schätzung der neuen Tennor-Verpflichtungen erforderlich. Es ist ebenfalls wichtig, den Betrag der endgültigen Verluste zu beziffern, die den Anteilseignern im Rahmen vergangener Wertminderungen und Forderungsverzichte entstanden sind, die unwiderruflich durch die H2O-Fonds gewährt wurden. Ein vollständiges und unabhängiges Gutachten soll schließlich die Unregelmäßigkeiten der im Auftrag dieser Fonds über bestimmte Tennor nahestehende Broker durchgeführten Pensionsgeschäfte aufklären und zeigen, inwiefern diese Transaktionen den Interessen der Anteilseigner schaden.
Der Verband H2O-Anteilseignerkollektiv ist davon überzeugt, dass die Klarstellungen des Sachverständigen dazu beitragen werden, das Vertrauen der Anleger in die Einhaltung der Vorschriften und Best Practices durch die Vermögensverwalter in Frankreich zu stärken, und so den Interessen des gesamten französischen Finanzmarkts gerecht zu werden.
Bei dem H2O-Anteilseignerkollektiv handelt es sich um einen Verband nach dem Gesetz von 1901 mit privaten Sparern und professionellen Investoren und Versicherern. Nach der Aussetzung der Fonds, die von der Gesellschaft H2O AM aufgrund ihrer außergewöhnlichen Illiquidität verwaltet wurden, beabsichtigt das Kollektiv, den Ruf des Pariser Finanzmarkts zu wahren, und verfolgt das Ziel, das allgemeine Interesse der Sparer und der Fachleute im Vertrieb von Finanzprodukten durch Förderung der Einhaltung von Vorschriften und bewährter Praktiken durch die Vermögensverwalter geltend zu machen und zu verteidigen.
Für weitere Informationen: https://www.collectifporteursh2o.com/
Kontakt Presse:
Eliott& Markus
Marouane Nokri
m.nokri@eliott-markus.com
+33 1 53 41 41 98